VON SABINE FUSS/STEFANIE SCHMID
(Veröffentlicht in THE GAZETTE Ausgabe 02 im April 2023)
Autos nutzen statt besitzen – so lässt sich die Geschäftsidee von Lynk & Co beschreiben. Die chinesisch-schwedische Automarke versteht sich als Mobilitätsanbieter und bereichert den europäischen Markt um ein Angebot, das die Vorteile von Auto-Abonnement und Carsharing vereint.
Immer mehr Menschen möchten ein Fahrzeug nutzen, aber kein eigenes besitzen. Genau an dieser Stelle setzt die Marke Lynk & Co mit ihrem Geschäftsmodell an: Anstatt ein Auto zu kaufen, können sich Verbraucher über eine flexible Mitgliedschaft bei Lynk & Co einen Zugang zu einem Fahrzeug verschaffen; genauer gesagt, zu dem Modell Lynk & Co 01. Das ist jedoch nicht das Einzige, was Lynk & Co von herkömmlichen Autoanbietern und Carsharing-Dienstleistern unterscheidet. Das Unternehmen eröffnet europaweit Clubs, um die Präsenz der Marke zu stärken und Begegnungsräume für Mitglieder und Interessenten zu schaffen. Bei der jüngsten Cluberöffnung in Düsseldorf durften wir mit Telma Negreiros, Vice President PR & Communication Europe, über das Geschäftsmodell von Lynk & Co und die neuen Wege der Mobilität sprechen.
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Interview mit Telma Negreiros, Vice President PR & Communication Europe
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Frau Negreiros, glauben Sie, dass in der Mobilitätsbranche ein Wandel und Umdenken notwendig sind? Was stimmt Ihrer Meinung nach nicht mit der Idee, Autos zu besitzen?
Wir glauben, dass man sich dem gegenwärtigen gesellschaftlichen Wandel nicht entziehen kann. Sustainability ist hier ein wichtiges Schlagwort. Und der Besitz eines Autos ist alles andere als nachhaltig. Tatsächlich steht ein Auto die meiste Zeit des Tages still, im Schnitt wird es nur eine Stunde pro Tag genutzt.
Gerade im Hinblick auf die neueren Generationen können wir also nicht mehr weitermachen wie bisher. In Städten wie Berlin, London oder Amsterdam treffen wir immer häufiger auf junge Menschen, die einen Führerschein haben, aber mit der traditionellen Idee der Autonutzung wie auch mit den herkömmlichen Angeboten auf dem Markt nichts anfangen können. Sie wollen kein Auto besitzen, weil sie sich dann um all die nervigen Themen und Dinge kümmern müssten, die mit dem Besitz eines Autos einhergehen. Carsharing wird dagegen immer beliebter. An diesen Erkenntnissen orientieren wir uns auch mit unseren Angeboten.
Auf Ihrer Webseite schreiben Sie, dass Lynk & Co die Mobilität der Zukunft flexibler gestalten will – können Sie uns diese Mission näher erläutern?
Im Großen und Ganzen geht es darum, einen flexibleren Zugang zu Mobilität zu schaffen. Bei Lynk & Co müssen Sie sich nicht langfristig an ein Auto binden. Sie können für einen monatlichen Beitrag ein Fahrzeug abonnieren – und das Abonnement kündigen, sobald sich Ihre Lebensumstände ändern. Wer nur ab und an ein Auto benötigt, kann sich auch für eine kostenlose Mitgliedschaft bei Lynk & Co entscheiden und unser Carsharing-Modell nutzen.
Das bedeutet: Bei uns bekommen Sie ein Auto zu Ihren Bedingungen. Wenn Sie spontan ein Auto benötigen, weil Sie zum Beispiel zu einem Event fahren müssen, können Sie sich dieses von uns leihen. Wenn Sie ein Fahrzeug abonniert haben und es gerade nicht benötigen, können Sie es mit anderen Mitgliedern teilen – und dabei auch noch Geld verdienen.
Um diese Mission zu verwirklichen, haben Sie eine App mit integrierter Carsharing-Plattform entwickelt. Welche Rolle spielen Daten bei Ihrem Mobilitätsansatz und was sind in diesem Kontext die größten Herausforderungen?
Wie bei jedem anderen Unternehmen sind Daten entscheidend für den laufenden Betrieb und die Optimierung des Kundenerlebnisses. Und jedes Unternehmen steht in der Verantwortung, mit den gesammelten Daten gewissenhaft umzugehen. Wir nutzen unsere Kundendaten beispielsweise nicht für das Marketing, sondern ausschließlich dafür, den Nutzern gewisse Funktionen und Dienste bereitstellen zu können. Außerdem arbeiten wir mit einigen der weltweit größten und angesehensten Infrastrukturanbietern zusammen, damit wir unsere Standards und Ziele in allen Märkten erreichen und einhalten können. Hierbei sehe ich die größte Herausforderung: Jedes Land hat seine eigenen Anforderungen und Regularien – und die Unterschiede sind enorm, was den Zustand der digitalen Infrastruktur angeht.
Unsere Kunden sollen das Auto über die App steuern und schnell und einfach mit anderen Lynk & Co-Mitgliedern teilen können. Außerdem möchten wir, dass anstehende Wartungen sowie notwendige Reparaturen den Nutzern rechtzeitig angezeigt werden, sodass keine großen Ausfallzeiten entstehen.
Wie beurteilen Sie die letzten Jahre für Lynk & Co? Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Angebot in Europa und im Autoland Deutschland angenommen wird?
Als Marke mit einem neuen und einzigartigen Geschäftsmodell ist es sehr interessant zu verfolgen, wie sich die Marktakzeptanz entwickelt. Für Europa im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen sind wir sehr erfreut zu sehen, dass unser Geschäftsmodell auf großes Interesse stößt, insbesondere bei Early Adopters – und das unabhängig von deren Alter. Ich kann Ihnen auch noch ein paar Zahlen geben: In unserem ersten Jahr hatten wir für Europa das Ziel formuliert, 9.000 Mitglieder zu gewinnen. Letztendlich konnten wir dann knapp 100.000 Mitglieder verzeichnen. In Deutschland haben wir heute 25.000 Mitglieder. Damit ist Deutschland aktuell unser drittgrößter Markt – und mit der Eröffnung des Clubs in Düsseldorf freuen wir uns auf weitere Mitglieder.
Beim Club in Düsseldorf handelt es sich bereits um den vierten Club in Deutschland. Die anderen befinden sich in Berlin, München und Hamburg; In Europa gibt es insgesamt elf.
Was hat es mit den Lynk & Co Clubs auf sich? Warum reicht es nicht aus, Fahrzeuge und die entsprechenden Dienstleistungen anzubieten?
Wenn man bei Lynk & Co Mitglied wird, bekommt man nicht nur den Zugang zu einem Auto. In unseren Clubs organisieren wir diverse Events wie zum Beispiel Konzerte, Vorlesungen oder Filmvorführungen. Diese sind für alle frei zugänglich. Außerdem gibt es die Möglichkeit, die Clubs für eigene Projekte zu nutzen. Wenn Sie Künstler sind und beispielsweise eine Location für eine Ausstellung brauchen, unterstützen wir Sie gerne – mit unseren Räumlichkeiten, aber auch mit unseren Mitarbeitern, die die Ausstellung für Sie kuratieren können.
Ich denke, dass dieses Konzept ziemlich einzigartig ist. Es ist ein Ansatz, mit dem man als Unternehmen auch etwas an seine Kunden zurückgeben kann. Und wir freuen uns auf viele Kooperationen mit Künstlern aus aller Welt und aus den verschiedensten Bereichen – und auf die Bildung einer Community, die etwas bewegen und verändern will. Genau deshalb sind die Clubs auch so wichtig: Es sind Begegnungsräume, in denen Menschen über verschiedene Aktivitäten und Projekte in Austausch treten können. Wenn Sie in unsere Clubs gehen, sehen Sie Studenten, die an der Bar Kaffee trinken und lernen. Sie sehen Journalisten, die Podcasts aufnehmen, Fotoshootings, aber genauso Geschäftsleute, die unsere Clubs als Coworking Space nutzen.
Letzten Endes schaffen die Clubs aber auch die Möglichkeit, unser Produkt, den Lynk & Co 01, in einer ruhigen und schönen Atmosphäre kennenzulernen. Sie können sich das Auto dort genauer anschauen, Fragen an unsere Mitarbeiter richten und eine Testfahrt machen.
Nun sind die Clubs ja sehr künstlerisch und extravagant gestaltet und ausgestattet. Und jeder Club ist ein Erlebnis für sich. Wie entstehen die Club-Konzepte?
Für die Antwort zu dieser Frage muss ich etwas ausholen: Wir haben im letzten Jahr ein großartiges Projekt mit dem Titel „Cities Reimagined“ durchgeführt. Zusammen mit dem unabhängigen Umfrageinstitut Ipsos haben wir Bewohner aus den Metropolen Europas gefragt, wie sie ihre Stadt gestalten würden, wenn die Autos in ihren Städten nur noch vier Prozent der Zeit stillstehen würden, statt der üblichen 96 Prozent der Zeit. Die Ergebnisse sind unheimlich spannend und sprechen für die unterschiedlichen Charaktere der Städte: In London würde man die frei werdenden Flächen mit Kunst besetzen. In Amsterdam sind noch mehr Radwege und sichere Grünflächen gewünscht – und die Berliner träumen von City Gardens, wo sie eigenes Gemüse anpflanzen können.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgen wir bei der Konzeption und Gestaltung unserer Clubs. Wir bitten Persönlichkeiten aus den jeweiligen Städten, den Charakter ihrer Stadt künstlerisch zu erfassen, und setzen ihre Vision für die Zukunft dann gemeinsam in einem Club-Konzept um. So ist hier in Düsseldorf beispielsweise ein Coworking-Raum entstanden, in dessen Mitte ein echter Baum steht, der einen beruhigenden Duft abgibt und so für eine entspannte Arbeitsatmosphäre sorgt. Aber auch persönliche Wünsche setzen wir gerne um. So entstand in Düsseldorf der sogenannte „Pink Room“, welcher von oben bis unten komplett rosa gestaltet ist.
Könnten Sie uns Ihr Geschäftsmodell noch etwas genauer beschreiben? Wie finanzieren Sie all diese Extras wie Clubs und Events?
Wir haben dieses Geschäftsmodell mit großer Sorgfalt entwickelt, sodass wir letztendlich als Unternehmen profitabel sein können. Wir sehen eine immer größer werdende Nachfrage nach einer Mitgliedschaft. Außerdem freuen wir uns sehr, dass wir im letzten Jahr die Zahl der Mitarbeiter bei Lynk & Co verdoppeln konnten. Wir haben nun 735 Mitarbeiter in Europa, was auch bedeutet, dass wir sehr viel intern regeln und bewerkstelligen, wie zum Beispiel die Organisation und Durchführung von Events.
Was ist Ihre Strategie für die nächsten Jahre? Was sind Ihre Ziele für 2023 in Europa?
Es gibt noch so viele Märkte in Europa, in denen wir präsent sein möchten. Das bedeutet: Wir planen, zu expandieren und noch weitere Lynk & Co Clubs in den Städten Europas zu eröffnen. Aktuell überprüfen wir auch unser Produktportfolio. Damit wir der immer größer werdenden Nachfrage und den Wünschen und Bedürfnissen unserer Mitglieder gerecht werden können, beabsichtigen wir, irgendwann ein weiteres Fahrzeugmodell in unser Sortiment aufzunehmen.
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Über Telma Negreiros:
Telma Negreiros, VP of PR & Communications, ist bekannt dafür, eine dynamische Persönlichkeit, furchtlose Pionierin und gelegentlich auch begeisterte Surferin zu sein. Im Alter von 27 Jahren hat Telma ihre eigene PR-Agentur gegründet. Sie hat sich nie gescheut, Risiken einzugehen und Neues auszuprobieren, und war eine der Ersten in Europa, die PR, Marketing und Events miteinander in Verbindung brachte – dieses Konzept hat sich durchgesetzt und gilt heute als Standard.
Über Alain Visser:
Der gebürtige Belgier Alain Visser ist CEO bei Lynk & Co. Zuvor war er Vice President of Marketing, Sales and Customer Service bei Volvo. Außerdem hat er acht Jahre als Chief Marketing Officer sowie Vice President of Sales, Marketing and Aftersales bei Opel/Vauxhall bei General Motors gearbeitet. Darüber hinaus war er Vorstandsmitglied der Adam Opel AG. In den vergangenen Jahren wurde Alain vom Forbes Magazin in die Top 10 der einflussreichsten CMOs weltweit gewählt – aufgrund seines offenen Ansatzes, mit dem er die Branche verändern möchte.
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Picture credit © Lynk & Co.
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