VON ANJA FAHS
(Veröffentlicht in THE GAZETTE Ausgabe 02 im April 2023)
König Charles III, der erste Ökokönig des 21. Jahrhunderts, erbt im Mai 2023 die Krone des britischen Königshauses und läutet damit eine neue Ära in der Monarchie ein.
Er wurde als abgehobener Pflanzenliebhaber verspottet, war ein Vorreiter des ökologischen Landbaus und galt mit seinem umgebauten Aston Martin, der mit Biomasse aus Abfallprodukten angetrieben wird, als exzentrisch. Lange Zeit wurde König Charles III wegen seiner „grünen Spinnereien“ belächelt. Wenn er am 6. Mai 2023 in der Londoner Westminster Abbey offiziell als König Charles The Third gekrönt wird, ist er der Monarch, der nach seiner Mutter Queen Elizabeth II, eine neue Ära prägen wird. Charles ist dann König des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland sowie von 14 weiteren souveränen Staaten des Commonwealth Realms, Oberhaupt des 56 Staaten umfassenden Commonwealth of Nations und Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte.
Für unsere Zeit könnte er ein durchaus wünschenswerter Nachfolger sein, zumindest was sein Engagement für den Umweltschutz angeht. Charles wird in seiner neuen Rolle als monarchisches Oberhaupt seine bisherigen Interessen und Werte weiterverfolgen und in die Öffentlichkeit tragen. Dies wird für ihn nicht immer einfach sein, wird doch vom König ein eher unparteiliches Verhalten erwartet, da er politischer Neutralität verpflichtet ist. Angesichts der Energiekrise, der gerade überstandenen Pandemie und Naturkatastrophen wie Hitze, Dürre und Überschwemmungen, wird man jedoch sehen, dass König Charles III mit seinen Herzensthemen den Nerv der Zeit trifft.
„Die Menschen sind notorisch kurzsichtig, wenn es um Wildtiere geht“, schrieb der erst 20-jährige Charles 1969 in einem Brief an den damaligen britischen Premierminister Harold Wilson und brachte damit seine Sorge um die Lachsbestände in schottischen Flüssen zum Ausdruck. Dieser Brief war der Beginn einer lebenslangen Mission. Als Prinz von Wales lancierte Charles Jahrzehnte lang Kampagnen, um den Schutz der Umwelt voran zu treiben und die Erwärmung des Klimas zu stoppen. Themen für die er für „völlig bekloppt“ gehalten wurde, wie er sich in einer BBC-Radiosendung vor knapp zwei Jahren erinnerte.
Bereits Mitte der 1980er-Jahre stellte Charles sein Landgut Highgrove im Südwesten Englands auf ökologischen Landbau um und verwirklichte dort erfolgreich seine Theorien von organischer Landwirtschaft. Er veröffentlichte darüber ein Buch in dem er beschrieb, dass diese Anbauweisen auch rentabel seien. Auf Basis der dort erzeugten organischen Lebensmittel gründete Charles das Unternehmen Duchy Originals, das Bio-Produkte auf den Markt bringt. Der Erlös fließt in seine Prince’s Charles Foundation, die Non-Profit-Projekte in den Bereichen Umwelt, Bildung und Gesundheit fördert. Inzwischen unterstützt der König mehr als 400 Wohltätigkeitsorganisationen.
Auch im privaten Leben verankert Charles seine Auffassungen der Umwelt gegenüber. Im Familienurlaub mit seinen Kindern William und Harry seien diese dazu verpflichtet worden, Müll am Strand zu sammeln. „Wir fanden das völlig normal“, erklärte William laut „Standard“. Und der Prinz gibt diesen Anspruch nun auch an seine Kinder weiter, wie er sagt.
Als im Juli 2022 erstmals Temperaturen von über 40 Grad Celsius in Großbritannien gemessen wurden, sagte Charles in typisch britischem Understatement, dass er schon seit geraumer Zeit darauf hinweise, dass die Klimakrise wirklich ein echter Notfall ist und es absolut essenziell sei, sie anzugehen. Auch mit Klimaprotestanten wie Gretha Thunberg hat er sich bereits öffentlich solidarisiert. „Ich kann sie vollkommen verstehen, weil niemand zuhören will und sie sehen, wie ihre Zukunft komplett zerstört wird.“ Gretha Thunberg sprach wie der damalige Prince of Wales auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 2020. Dort mahnte er: „Wollen wir als die Leute in die Geschichte eingehen, die nichts getan haben, um die Welt vom Abgrund zurückzuholen, um die Balance wiederherzustellen, als wir das noch konnten? Ich will das nicht.“
Neben all dem beeindruckenden Engagement sind die Briten allerdings nach wie vor gespalten, was sie denn von ihrem neuen König halten sollen. Nach den jüngsten Daten des Meinungsforschungsinstituts Yougov hat nur ein Drittel Vertrauen in Charles, 32 Prozent gaben im Mai 2022 an, dass der Thronfolger ein guter König werde, 32 Prozent sehen ihn dagegen eher negativ, der Rest weiß nicht so recht was mit ihm anzufangen ist. Die Untertanen sind gespalten, was Charles Potenzial als König angeht. Allerdings geben dreiviertel der befragen Briten auch an, dass sie den Klimawandel als die größte Bedrohung für ihr Land sehen. Es bleibt abzuwarten, wie Charles sich in seiner neuen Rolle dem Thema des Klimaschutzes widmen (können) wird. Einerseits sind die Bedrohungen der Klimakrise zu gewaltig, um allein aufgrund britisch-monarchischer Zurückhaltung das Thema nun komplett unter den Teppich zu kehren. Andererseits gebietet seine neue Rolle wohl dennoch gewisse Anpassungen. In einem BBC-Interview stellte er klar: „So dumm bin ich nun auch nicht. Die Vorstellung, ich würde genau so weitermachen wie vorher, ist wirklich Unsinn.“ Auch die Zeitung The Guardian erklärt, dass zwar die Monarchie ihre Legitimation auch aus dem Vermeiden von Kontroversen ziehe, doch der neue König sei jemand, der Kontroversen nie aus dem Weg gegangen sei. „Seine Regentschaft wird jedenfalls vermutlich nicht langweilig werden“.
Charles sah es immer als seine Aufgabe, die Gleichgültigkeit seiner Landsleute gegenüber Umweltgefahren zu beklagen und da scheint es doch wahrscheinlich, dass sich diese Leidenschaft auch durch seine Amtszeit als König ziehen wird; „Ich sehe meine Aufgabe darin, ständig den Warner zu spielen und darauf hinzuweisen, dass nur ein schmaler Grat uns zwischen Überleben und Untergang trennt. Ein riesiger Prozentsatz unserer Bevölkerung wird sich der Umweltprobleme erst bewusst, wenn es zu spät ist. Ich werde darauf hinweisen, bis ich blau im Gesicht anlaufe.“
„Sie waren lange ein einsamer Rufer in der Wüste, dabei hatten Sie seit langem recht“, attestierte ihm 2021 der damalige britische Regierungschef Boris Johnson im Rahmen der UN-Klimakonferenz in Glasgow, als Charles die Staatschefs zum raschen Handeln in der Klimapolitik aufforderte. Und auch US-Präsident Joe Biden betitelte Charles als Klimaschützer der ersten Stunde und sagte: „Sie haben das alles ans Laufen gebracht.“
Erste Schritte für ein Umdenken im Buckingham Palace hat Charles bereits angefangen. Er plant das Budget des Königshauses zu verschlanken, alles soll weniger pompös und herrschaftlich ausfallen. Charles hat früh streuen lassen, dass er die Monarchie modernisieren will. Die Krönung soll das widerspiegeln. So werden nur ungefähr 2200 Gäste eingeladen statt 8000. Auch bei der Dauer der Zeremonie passt sich der König der Moderne an. Während die Krönung bei seiner Mutter 1953 drei Stunden dauerte, ist diesmal nur eine Stunde eingeplant. „Mich mit Pflanzen und Bäumen auszutauschen, ihnen zuzuhören, macht mich glücklich. Ich halte das für extrem wichtig!“, sagte er einmal. Hoffen wir, dass König Charles III dafür auch in Zukunft noch Zeit finden wird.
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Picture credit © PA Images on Alamy
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