SHANGHAI SURPRISE

SHANGHAI SURPRISE

Das erste multisensuale Restaurant
von Starkoch Paul Pairet

VON ANJA FAHS

(Veröffentlicht in Das Produktkulturmagazin Ausgabe 1 2014)

Irgendwo in Shanghai, Chinas pulsierender Millionen-Metropole. Ein geheimer Treffpunkt. Nur zehn Gäste kennen ihn, denn sie haben heute Nacht im Ultraviolet das 20-gängige „Avant-Garde“-Dinner No. 261 gebucht. Ein dunkler Van holt sie ab und fährt durch die City. Niemand weiß, wo sich Paul Pairets neues Restaurant befindet, die Adresse wird nicht genannt.  

Der Van hält in einer dunklen Gasse vor einem Fabrikgebäude. Früher war hier ein Tonstudio untergebracht, jetzt dominiert ein Parkhaus das Areal direkt an einem schlammigen Kanal. Die Gäste werden durch den Hinterhof ins Gebäude geführt und fragen sich bestimmt zum wiederholten Male, was sie hier eigentlich machen. Die Türen öffnen sich. Niemand ist zu sehen, nur ein einziger großer Tisch mit zehn Stühlen. 

Plötzlich wird der kahle, weiße Raum komplett von Bildern erfüllt, über die Wände flirren Projektionen, man scheint sich mitten in einem bunten Farb- und Bilderkosmos zu befinden. Dann wieder Dunkelheit und Stille. Es wird kalt, ein eisiger Lufthauch lässt die Gäste frösteln und tosende Windgeräusche wie von einem Blizzard hallen durch den Raum. Der Tisch leuchtet weiß wie Schnee, und passend zur frischen, fast schon kalten Atmosphäre des Raumes wird der erste Gang serviert: Apfel-Wasabi-Sorbet. Start einer multimedialen 20-Gang-Dinner-Oper, die alle Sinne anspricht.

Ultraviolet ist das multisensuale Restaurant des französischen Starkochs Paul Pairet. Die avantgardistische Küche Pairets ist eigentlich unbeschreiblich. Wollte man dennoch versuchen, sie in Worte zu fassen, wären Attribute wie „verdreht, klassisch, entgegengesetzt, ironisch, natürlich, surreal, übertrieben“ die wohl treffendsten. Letztlich zählt das Gefühl, dass das Gericht wachruft – und dafür muss es, so meint Paul Pairet, interessant sein, neu, gewagt, vielleicht ein bisschen unanständig, schön, und vor allem Spaß machen. Und das Gefühl ist mehr als nur Geschmack. Denn unser Gefühl wird von unserer aktuellen Stimmung, von Erinnerungen, Umgebungen, Erwartungen, Geräuschen, Bildern und Gerüchen beeinflusst. All diese Parameter, die eigentlich primär nichts mit dem Geschmack eines Gerichtes zu tun haben, bilden unsere vorgefertigte Vorstellung, wie etwas schmecken wird. „Psycho-Geschmack“ nennt dies Paul Pairet und setzt hier mit dem Konzept seines einzigartigen Restaurants an. Das Ultraviolet setzt neue Technologien ein, um unseren „Psycho-Geschmack“ zu kontrollieren. Dabei entwickelt sich für den Gast ein Erlebnis, das weit über reines Essen und Schmecken hinausgeht. Denn jeder Gang wird von einem genau komponierten und gesteuerten Orchester an Bildern, Klängen, Gerüchen und Reizen begleitet: Alle Sinne werden angesprochen – und durch das außergewöhnliche Erlebnis Emotionen geweckt.

Paul Pairet ist ein Mann, der die Welt erobern will. Seine Waffen dabei: Töpfe, Pfannen und eine unglaubliche Kreativität beim Kreieren neuer Rezept-Ideen. Seine größte Inspirationsquelle ist dabei seine Erfahrung, die er sich auf seinen kulinarischen Reisen erworben hat. 

Aufgewachsen ist Pairet in einem Vorort von Marseille im Süden Frankreichs. Nach seiner Kochausbildung ging es für ihn zuerst nach Paris und dann auf eine lange Reise von Kontinent zu Kontinent, die immer noch andauert: Der Franzose arbeitete in Istanbul, Hongkong und Sydney, bevor er 2006 in Shanghai ankam und von der boomenden Stadt überwältigt war. Pairet baute dort das Restaurant Jade On 36 des Pudong Shangri-La Hotel Shanghai zu einer der besten kulinarischen Adressen der Metropole aus. Dann eröffnete er 2008, ebenfalls in Shanghai, das moderne französische Restaurant „Mr & Mrs Bund“. Seine Küche hat inzwischen so ziemlich alle Preise gewonnen, die es im asiatischen Raum zu gewinnen gibt.

Im Mai 2012 ging nach zwei Jahren Bauzeit sein jüngstes Projekt, das Ultraviolet, an den Start. Paul Pairet definiert das Ultraviolet als ein genauso einzigartiges wie unklassifizierbares Konzept – denn bisher gab es einfach noch nichts Vergleichbares in diesem Bereich.

uvbypp.cc 

Picture credits © Scott Wright 


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