MISSION HERZ

MISSION HERZ

Das Geheimnis authentischen Markenbrandings

VON SANDY STRASSER

(Veröffentlicht in Das Produktkulturmagazin Ausgabe 1 2015)

Wenn zwei Menschen aufeinandertreffen, ihre Bedürfnisse sich im jeweils anderen widerspiegeln und das Herz Purzelbäume schlägt, dann hat Amors Pfeil sein Ziel getroffen. Marken stehen in ähnlicher Weise für Zugehörigkeit, Identifikation und das besondere Gefühl, verstanden zu werden. Bevor eine Marke jedoch von den Konsumenten das Prädikat „wertvoll“ erhält, bedarf es neben rein faktischen Analysen vor allem einer großen Prise Emotion. Echte Gefühle, die dem Kunden ein ungekünsteltes Interesse an seiner Person signalisieren. Wir haben mit Christoph Becker, CCO und CEO der internationalen Agenturgruppe gyro, gesprochen und ihn gefragt, worauf es heutzutage beim Kreieren von Marken ankommt.

Herr Becker, definieren Sie bitte den Begriff „Markenloyalität“.

Christoph Becker: Markentreue ist tief in unseren Gefühlen verwurzelt. In vielerlei Hinsicht sind wir einer Marke treu, weil wir etwas an ihr lieben. Wir bewundern die Qualität. Wir schätzen die Innovationsleistung. Wir identifizieren uns mit ihrem Stilempfinden.

Wie entstehen Emotionen für eine Marke? Welche Gefühle spielen sich dabei im Kopf ab?

C. B.: Diese Gefühle können nur entstehen, wenn die Marke und das Unternehmen hinter der Marke von einem reinen Ort kommen. Das heißt, es muss eine Seele hinter dem Unternehmen stehen, die die Kunden spüren und fühlen. Es muss eine emotionale Bedeutung bestehen.

Wie verankert man positive Assoziationen mit einer Marke in den Herzen der Konsumenten? 

C. B.: Ich bin zum Beispiel Nivea sehr treu. Die Marke ist um die zentralen Themen „Vertrauen“ und „natürliche Inhaltsstoffe“ aufgebaut. Ich habe in meiner Jugend angefangen, Produkte von Nivea zu nutzen und verwende sie heute immer noch.

Wie haucht man einer Marke „Leben“ ein? Wie verleiht man ihr „Seele“? 

C. B.: Es muss eine Schnittmenge zwischen den Kunden und einer Marke bestehen. Man muss entschlossen sein, Kunden zu finden, die einen fühlen und mögen. Die wissen, warum man existiert.

Wie wichtig sind dabei Präsentationsflächen und Showrooms? 

C. B.: In Showrooms können Sie eine Marke wahrnehmen und empfinden, sie aber nicht kaufen. Sie bieten eine einzigartige Möglichkeit, Loyalität aufzubauen und zu verstärken. Showrooms geben Ihren Kunden die Gelegenheit, Ihre Marke zu fühlen und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Und dies mit dem großen Benefit, dass Ihnen niemand im Nacken sitzt und Sie zu einem Kauf drängt. Hinter diesem Ansatz steckt eine erstrebenswerte Qualität. Es erlaubt einem, tief einzuatmen und zu träumen. Doch ob im Showroom oder vor dem TV-Gerät, es muss immer die Seele des Unternehmens durchscheinen. Erinnern Sie Ihre Kunden daran, was Ihr Unternehmen ändern wollte, als es entstanden ist. Wer die Menschen hinter dem Unternehmen sind. Das sind die Gründe, die einen Kunden dazu bringen, sich in die Marke zu verlieben. Das ist heutzutage, wo Mensch und Technik immer stärker miteinander verflochten sind, von entscheidender Bedeutung.

Wer sind die Global Player im Spiel um die beliebteste Brand und weshalb? 

C. B.: Für mich lassen uns Marken wie BMW etwas fühlen. Ich fühle, dass ihnen Qualität und Erfahrung wichtig sind. Ich habe eine Erwartung, die immer wieder erfüllt wird, wenn ich mich mit der Marke BMW auseinandersetze. Ich habe wundervolle Momente erlebt, in denen sie mich begleitet hat, sodass wir eine gemeinsame, sehr persönliche Geschichte haben. Mein erstes Motorrad war von BMW. Diese Marke wird für mich immer Präzision und Leistung bedeuten. Diese Produkte tun genau das, wofür sie gebaut wurden. Vom ersten Tag an.

Wie verhalten sich Kunden typischerweise, wenn sie einer Marke gegenüber loyal sind? 

C. B.: Wenn eine Marke ein Teil deines Lebens ist, hört sie auf eine Marke zu sein und wird ein Teil von dir.

Inwieweit haben sich die Bedürfnisse der Kunden in den vergangenen 15 Jahren verändert? 

C. B.: Heutzutage können Marken nicht mehr faken. Entweder sie halten, was sie versprechen oder eben nicht. Die Menschen wollen ein Unternehmen nicht intellektuell verstehen. Sie wollen es fühlen. Alles, was erklärt werden muss und nicht gefühlt wird, ist eine geborgte Emotion. Man kann keine Loyalität auf geborgten Emotionen aufbauen.

Wie muss die DNA einer Marke grundsätzlich aufgebaut sein, damit die Marke auf lange Sicht erfolgreich am Markt präsent sein kann? 

C. B.: Verbinden Sie Ihre Marke mit Ehrlichkeit und Sie werden mit Ihren Kunden eine langfristige Bindung haben. Wenn Sie sich für Testimonials entscheiden, dann wählen Sie eine Person, die Ihre Marke wirklich repräsentiert. Entscheiden Sie sich nicht für jemanden, der es einfach mal versuchen und die Marke definieren soll. Das hat immer einen falschen Beigeschmack.

Was sollte Ihrer Meinung nach das Ziel einer jeden Markenstrategie sein? 

C. B.: Viel zu viele Marken versuchen, eine Abkürzung zu nehmen. Sie werden es versuchen und dir irgendetwas verkaufen, statt eine Verbindung mit dir aufzubauen. Das verdirbt die wahre emotionale Verbindung, weil sie zuerst etwas verkaufen wollen und erst dann eine Verbindung eingehen möchten. Das ist sehr kurzsichtig gedacht, weil sie, auch wenn sie vielleicht kurzfristig Umsatz haben, keine langfristige Loyalität aufbauen, was ja immer das Ziel ist.  

Welche Beispiele haben Sie für eine gelungene Umsetzung?

C. B.: Da schießt mir BlackBerry durch den Kopf. Die „Serious Mobility for Serious Business“-Plattform führt die Gründe auf, warum die Leute diese Kultmarke lieben. Es sind die Sicherheit, die Akkulaufzeit und die Tastatur, die es zum ultimativen Business-Tool machen. Es ist kein Spielzeug wie viele andere Geräte. Durch die Fokussierung auf das „Warum?“ seines Geschäftsbereichs hat BlackBerry seine Kundenbasis wieder neu gestärkt. 

Inwiefern helfen Social-Media-Plattformen wie YouTube oder Facebook, Markenerlebnisse spürbar zu machen?

C. B.: Social Media hat es leicht gemacht, Markenloyalität einzusetzen. Die Kunden werden es dir und all ihren Freunden sagen, wenn du nicht authentisch bist. Von den Unternehmen wird gefordert, den Menschen als Individuen auf menschliche Art und Weise zu begegnen. Diejenigen, die es richtig machen und ihrer wahren Existenzberechtigung treu bleiben, sind diejenigen, die in diesem neuen, transparenteren Markt erfolgreich sein werden.

Wie kann man „Kundenliebe“ messen?

C. B.: Ganz einfach: Respektieren Sie die Marke? Ist die Marke für Sie relevant? Wenn ja, lieben Sie die Marke.

Was denken Sie, welchen Anspruch werden wir in 30 Jahren an eine Marke haben? Welche Attribute werden uns dann wichtig sein?

C. B.: Es wird immer um die Idee hinter dem Unternehmen und um seine Existenzberechtigung gehen. Die Menschen werden immer die zeitlose, menschliche Geschichte einer Person, eines Traums und eines Plans kaufen.

Wenn Sie eine goldene Regel für Markenschaffende aufstellen dürften, wie würde diese lauten?

C. B.: Diese Welt der Transparenz entlarvt Marken, die keine relevante Mission verfolgen. Heutzutage basiert Loyalität auf der Identität einer Marke und nicht mehr auf deren Anspruch, genutzt oder gekauft zu werden.

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CHRISTOPH BECKER

Christoph Becker ist CCO und CEO von gyro. Die Agentur verfügt über 17 Niederlassungen in neun Ländern und betreut Kunden wie Blackberry, eBay, FedEx, L’Oréal und Virgin Atlantic. Sie wurde mehrfach als Agentur des Jahres im B-to-B-Sektor ausgezeichnet. In Deutschland verfügt gyro über eine Niederlassung in München.

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Picture credits © www.gyro.com


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