MARKETING MANAGEN?

MARKETING MANAGEN?

Das geht nicht!

VON THOMAS LUCAS-NÜLLE

(Veröffentlicht in Das Produktkulturmagazin Ausgabe 1 2014)

Dies werden viele Marketiers jetzt instinktiv sagen. Auch wenn in den letzten Jahren immer mehr CMOs die Managing Boards von Unternehmen erobern, so wird dieser Bereich häufig immer noch eher budgetorientiert geführt und ist durch viele externe Dienstleister und vor allem Agenturen geprägt. Es existiert häufig nur ein sehr gering ausgeprägtes internes Know-how über Prozesse und Technologien.   

Insbesondere die Vielzahl der Kanäle und Medien, die ein Unternehmen in unserer vernetzten Welt bespielen muss, macht es den Unternehmen aber stetig schwerer, den Überblick zu behalten. So werden immer häufiger anstelle der Generalisten Spezialagenturen eingesetzt: für Markenbildung, Produktwerbung, Print, Movie, Online und weitere Disziplinen. Dies erhöht natürlich weiter die Komplexität für das Managen dieser Dienstleister. Und was passiert, wenn Kampagnen medienübergreifend miteinander orchestriert werden müssen? 

Diese alte Denk- und Handlungsweise aus Briefing, Etat-Pitch, Budgetvergabe und externer Etatbetreuung wird immer häufiger von der neuen Generation von Marketiers, den Marketing Managern, hinterfragt.

Insbesondere die großen Markenunternehmen haben in den letzten Jahren ihre ganz eigenen Erfahrungen gesammelt. Waren vor wenigen Jahren die Kunden noch die großen Auftraggeber, die ihre Budgets an Agenturen vergaben und die Preise des Marktes weitestgehend bestimmen konnten, so sind es heute die großen Agenturnetzwerke, die das Abhängigkeitsverhältnis umgedreht haben. Kaum ein Kunde durchdringt heute das Geflecht aus Einzeldienstleistungen für Kreation, Mediaplanung und Online-Kampagnenoptimierung. Insbesondere nicht, wenn dieses Orchester auf internationaler Bühne mit vielen „lokalen“ Agenturen spielt, die schlussendlich doch wieder zu einem der großen Agenturnetzwerke gehören.

So drängt sich in Unternehmen immer mehr die ungute Fragestellung auf: Setze ich mein stetig wachsendes Werbebudget auch effektiv ein? Oder häufig noch banaler: Wo setze ich es überhaupt ein? Hinzu kommen immer wieder Fragen zum Beispiel von der Geschäftsführung oder aus dem Controlling: Wieviel vom Budget habe ich Mitte des Jahres schon ausgegeben oder fest beauftragt? Welches verfügbare Budget verbleibt noch? Welche global verteilten Budgets kann ich von einer Region in eine andere Region verschieben, da hier ein ungeplanter Bedarf entstanden ist?

CEOs und auch Marketiers wünschen sich, dass das Controlling ihres Unternehmens diese Fragen beantworten kann. Bei der Dynamik und kreativen Abwicklung ist das Finanzcontrolling jedoch weder zeitlich noch im Detaillierungsgrad in der Lage, auch nur annähernd Auskunft zu geben. So entzieht sich seit Jahren der Marketingbereich als wahrscheinlich der letzte Bereich im Unternehmen einer klaren Planung und vor allem einem engen Controlling. 

Historisch gewachsen, führt der Bereich Marketing seine ganz eigene „Schattenbuchhaltung“. Die Technologie der Wahl ist auch in Großkonzernen fast immer Excel – als die in dieser Welt wohl am weitesten verbreitete „Datenbank“. So werden Marketingpläne in Excel erstellt und weltweit verteilt, Kampagnen geplant und an die beteiligten Stellen und Agenturen versendet und in Excel Sheets Budgets und Rechnungen dezentral erfasst, den Kampagnen zugeordnet und dann an die Zentrale versendet. Und dann häufig zentral nochmals „bio-optisch“ per händischer Übertragung von der Marketing-Assistenz in die zentrale Excel-Liste übertragen. Alleine diese Prozessbeschreibung dürfte ausreichen, um deutlich zu machen, dass diese Arbeitsweise dauerhaft keine Verlässlichkeit liefern kann, geschweige denn konsistente Zahlenwerke. An vergleichbare KPI-Auswertungen zu vertretbarem Aufwand ist mit dieser Methode erst gar nicht zu denken, ebenso wie kaum mehrjährige Betrachtungsweisen möglich sind.

Diesem Bereich widmet sich seit wenigen Jahren vermehrt eine neue Lösungskategorie von IT-Systemen – sogenannte Marketing-Resource-ManagementSysteme (MRM-Systeme). Fokussiert man den Nutzenbedarf vor allem größerer Unternehmen auf das Wesentliche, so kristallisieren sich zwei Kernaspekte heraus: Zum einen der Bereich Budgetplanung, zeitnahes Budget-Controlling und regelmäßige Key-Performance-Messung (KPI) und dessen Reporting, zum anderen die Kampagnenplanung und Kampagnen-Projektsteuerung, weltweit und dezentral, aber mit zentraler Live-Sicht.

Der wesentliche Schlüsselfaktor dieser Lösungen ist, dass Informationen zentral verwaltet werden, jedoch in den Organisationseinheiten, Landesgesellschaften und durch Dienstleister dezentral gepflegt werden können. 

Auf diese Weise erbringen diese beiden Funktionsbereiche wahrscheinlich mehr als 80 Prozent des Erstnutzens, da die Budgetkomponente erstmalig eine Live-Sicht auf den bisher in einzelnen Excel-Dateien gehaltenen dezentralen Budget-Planungsprozess ermöglicht. Im nächsten Schritt kann dann auch vor allem eine Live-Sicht auf den laufenden Auftrags- und Abrechnungsstand ermöglicht werden. 

Die Kampagnenplanung und Kampagnen-Projektsteuerung als weitere Komponente bietet erstmalig auch hier eine zentrale Live-Sicht. Diese macht es möglich, transparent zu sehen, was wann geplant ist. Welche Kampagne ist real schon gestartet? Welche könnte noch geschoben bzw. gestoppt oder geshiftet werden? Sind alle Einzelmaßnahmen einer medienübergreifenden Kampagne in Time und Budget und funktioniert damit das Orchester aus Einzelaktionen? Auch werden die Möglichkeiten des regionalen Budgetbunkerns stark beschränkt. Die notwendige globale Flexibilität wird stark erhöht.

Mit diesen beiden Kernkomponenten bietet MRM als technologischer Ansatz durchaus die Möglichkeit, die als schwer planbar und unkontrollierbar geltenden Bereiche des Marketings transparenter und damit steuerbarer und dann letzten Endes auch kontrollierbar zu machen. 

Die Herausforderung der Implementierung einer solchen Lösung liegt eher im Widerstand der einzelnen Regionen und Abteilungsbereiche, die natürlich die Freiheitsgrade bei der Budgetverwendung und Projektierung verlieren. Aber auch die Black Box „Marketingbudget“ in den zentralen Funktionen wird plötzlich transparent und beschneidet damit die Möglichkeiten, Fehlplanungen sowie Vetternvergaben von Aufträgen und Budgets zu verschleiern.  

MRM-Anbieter machen es den Projektbeteiligten dann zusätzlich noch einfach, den Einsatz der beiden Kernkomponenten zu „schieben“, da eine Vielzahl von zusätzlichen Funktionen und Tools angeboten werden. Folge ist häufig, dass zunächst gerade in diesen Features der Nutzen gesucht und gefunden wird und sich der Fokus bei der Lösungsauswahl und bei der späteren Implementierung verschiebt. Und so wird eher ein Web-to-Print-Feature, eine im System vorhandene Media-Asset-Komponente oder Ähnliches eingeführt, anstelle sich auf den Kernnutzen zu konzentrieren. Dies liegt dem geneigten Marketier ja auch funktional viel näher, als komplizierte Zahlenwerke und Projektpläne mit Meilensteinen, Vorgängen und Aufgaben. Die Kreativität ist ja doch nicht zu managen!

Die neue Generation von CMOs gibt sich jedoch immer häufiger mit dieser Handlungsweise nicht zufrieden und fordert klare Prozesse, transparente Budgetierung und zeitnahes, verlässliches Reporting. Insbesondere wenn CMOs nicht aus der Werbung kommen, sondern es aus den anderen Unternehmensbereichen gewöhnt sind, dass globale Steuerung und Flexibilität möglich wird, wenn ein zeitnaher, transparenter Zugriff auf die relevanten Entscheidungsdaten möglich ist.

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PROKOM TENOR MARKETING RESOURCE MANAGEMENT

Die Ressource Marketing, die bisher manufakturartik, kreativ arbeiten konnte, wird durch die Omnichannel-Aktivitäten vieler Unternehmen immer stärker einem regulären Produktionsprozess mit all seinen Gesetzmäßigkeiten zugeführt. Wie aber funktioniert die Produktionssteuerung von kreativen Prozessen? Die MRM-Studie widmet sich einem strukturierten Blick des MRM-Lösungsmarktes mit seinen angebotenen Lösungsspektren und bewertet diese. So wird erstmals eine fokussierte Betrachtung dieses neuen IT-Lösungsmarktes für Unternehmen möglich, die sich aktiv mit der Einführung von MRM beschäftigen.

LNC Group GmbH & Co. KG
Thomas Lucas-Nülle
70 Seiten
Format 22 x 31,5 x 0,6 cm
ISBN 978-3-000-40441-2
99.– Euro zzgl. MwSt.

THOMAS LUCAS-NÜLLE 

Thomas Lucas-Nülle gilt als einer der Experten im deutschsprachigen Raum für das Thema Information Supply Chain Management. Die von ihm veröffentlichten Studien und Publikationen zum Thema PIM gelten als Referenzwerke und werden heute sogar in der universitären Ausbildung eingesetzt. Aktuell widmet er sich der Herausforderung in Unternehmen, die Informationskomplexität für die werbliche Kommunikation in den Griff zu bekommen. MRM ist aus seiner Perspektive ein vielversprechender Ansatz, die Herausforderungen der Omnichannel-Welt zu lösen.

UNTERNEHMENSINFO

Die LNC Group ist das führende Beratungsunternehmen im deutschsprachigen Raum für eine neutrale und unabhängige Auswahl von Software-Lösungen zu PIM, MAM, MRM, CMS, E-Commerce, Print Publishing und Multi Language Management.

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Picture credits © Thomas Lucas-Nülle


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