Stärkung der Kundenbeziehung durch strategisches Content Marketing
VON THOMAS LUCAS-NÜLLE & TIM-OLIVER OTTE
(Veröffentlicht in Das Produktkulturmagazin Ausgabe 4 2017)
Tiefgreifende Beziehungen zu den eigenen Kunden aufzubauen muss heute mehr denn je im Mittelpunkt der Unternehmenskommunikation stehen. Vielen Unternehmen ist dies bewusst, und die meisten sehen im Content Marketing das Mittel, um aus dem Kunden nicht nur einen Transaktionspartner, sondern einen Gesprächspartner auf Augenhöhe zu machen.
Wie diese Art der Kundenkommunikation seit über 100 Jahren erfolgreich funktionieren kann, beweist dieses Beispiel: Bereits Ende des 19. Jahrhunderts begannen Unternehmen, ihre Produkte und Services über die Stiftung von ergänzenden Mehrwerten zu vermarkten. So wird John Deere, Hersteller landwirtschaftlicher Geräte, mit der Gründung der Zeitschrift „The Furrow“ im Jahr 1895 oft als Content Marketing-Pionier betitelt. Dieses Magazin dient noch heute dazu, Interessenten über die neuesten Technologien und Trends für eine erfolgreiche Landwirtschaft aufzuklären, und ist sicherlich eine der traditionellsten und nachhaltigsten Kampagnen.
Dieses Beispiel zeigt uns sehr deutlich den ersten Irrtum, denn Content Marketing ist bei Weitem kein neues Thema. Es gewinnt immer weiter an Relevanz, da sich das Marketing in den letzten Jahrzehnten durch diverse Einflüsse grundlegend verändert hat. Das Reichweiten-Paradigma, dem bisher im Marketing gefolgt wurde, hat zu einer Inflation der Werbeakzeptanz geführt. Der Gegentrend ist Werbung, die man nicht direkt als solche erkennt (Below-the-Line) und die vielmehr den Kunden und dessen Interessen stärker in den Fokus rückt (Pull-Marketing).
Viele neue Touchpoints beeinflussen die Customer Journey, was für Unternehmen eine große Herausforderung in der Kundenkommunikation darstellt. Die damals oft verwendete Methode der Einteilung der Medien in sogenannte „Paid“-, „Owned“- und „Earned“-Kanäle ist heute um einiges schwieriger geworden. Damals machte beispielsweise eine Anzeige in der Zeitung (Paid) auf ein Angebot im stationären Geschäft (Owned) aufmerksam, wo dieses Angebot vom Unternehmen wieder aufgenommen und weiter ausgebaut werden konnte. Im Optimalfall trugen die zufriedenen Kunden ihre Empfehlungen an andere weiter (Earned). In der heutigen Zeit ist dieses Modell nicht mehr so einfach darzustellen, da die Grenzen der einzelnen Bereiche immer weiter verschwimmen. Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung sind die sozialen Medien. Ein Facebook-Post beispielsweise, der aktiv vom Unternehmen über die Plattform beworben und wiederum von den eigenen Usern geteilt wird, ist nicht mehr eindeutig in eine der drei Kategorien Paid, Owned und Earned einteilbar, da er im Grunde alle Bereiche betrifft. Dies macht ein Umdenken in den Unternehmen notwendig. Es muss eine Abkehr vom Kanal- beziehungsweise Medienfokus hin zu einem Inhaltsfokus stattfinden. Nur so kann Content Marketing mehr als eine reine Marketingfunktion sein und auch organisatorisch in einem ganz anderen Licht betrachtet werden.
Unternehmen müssen heutzutage flexibel anhand einer Strategie agieren, die all diese Effekte berücksichtigt. Genau hier zeigt sich der zweite große Fehler, den die Marktakteure oftmals begehen. Content Marketing wird als Disziplin angesehen, die bereits betrieben wird und für deren Durchführung keine über das Tagesgeschäft hinausgehenden Kenntnisse benötigt werden. Dies mag insoweit stimmen, als dass das inhaltliche Know-how zumeist vorhanden ist. Jedoch zeigte unsere Untersuchung, dass es für viele Unternehmen dann doch nicht so einfach ist, dieses Thema über einzelne Kanäle im Unternehmen zu orchestrieren und die oftmals vorhandene strategische Sichtweise operativ umzusetzen.
Vor allem die bereits erwähnte Konsistenz der Kundenansprache über verschiedene Touchpoints hinweg ist eine große Herausforderung und der dritte Irrtum. Lang gewachsene Unternehmensstrukturen machen die „nachträgliche“ Umstellung auf einen Kommunikationsansatz, der sehr viele Bereiche eines Unternehmens betrifft, sehr schwierig. Um Content Marketing so im Unternehmen zu implementieren, dass es sich mehr am Markt als an den internen Ressourcen orientiert und direkt in vorgegebene Prozesse mündet, empfiehlt sich der Einsatz einer zentralen Content Marketing-Software. Neben der vernetzten Zusammenarbeit kann eine Software, die den Content Marketing-Prozess ganzheitlich abdeckt, das Thema auch messbar machen. So wäre sehr leicht erkennbar, welche Inhalte für die Zielgruppe relevant sind und wo für das Unternehmen auch zukünftig wirtschaftliche Chancen im Content Marketing liegen. Ganzheitliche Software-Lösungen sind sehr facettenreich, unterstützen aber zumeist in allen Teilen des Content Marketing-Prozesses, weshalb sich jedes Unternehmen, das Content Marketing betreibt, auch mit entsprechender Software auseinandersetzen sollte. Mit dem Einsatz der richtigen Software lässt sich das Content Marketing letztlich international auch skalieren. Viele Prozesse, die momentan noch mit manuellem Aufwand national betrieben und beherrscht werden können, sind international nur mit zusätzlichem Aufwand manuell zu betreiben, was zu einer linearen bis skalierenden Kostenentwicklung führt. Aufgrund der entstehenden immer komplexeren Gesamtprozesse für die Content Koordination skalieren die Kosten in der Folge schnell exponentiell. Gerade diese Prozesse können aber häufig so automatisiert werden, dass Wiederverwendungseffekte die Effektivität und Effizienz des Content Marketings deutlich erhöhen.
Erfolgreiches strategisches Content Marketing besteht aus sehr vielen ineinandergreifenden Prozessen, die in bestehende Content Marketing-Strukturen implementiert werden müssen. Damit ein erfolgreicher Umbruch vom bisher operativen Content Marketing in ein langfristiges, strategisches Content Marketing durchgeführt werden kann, sollte an erster Stelle eine objektive Aufnahme der Istprozesse und -strukturen in den Unternehmen stattfinden. Diese Aufnahme sollte stets vor dem Hintergrund der spezifischen Branche, den Unternehmenszielen und der Zielgruppen stattfinden, damit letztlich auch in der Erstellung der Sollprozesse und in der Software-Auswahl der richtige Fokus auf diesen komplexen Bereich gelegt werden kann. Denn nur so können die Fehler, die vor mehr als zehn Jahren im Bereich des Content Managements gemacht wurden, umgangen werden.
In der aktuellen Xtentio-Studie, die sich dem Thema des strategischen Content Marketings widmet, wollten wir herausfinden, wie weit deutsche international aufgestellte Unternehmen darin fortgeschritten sind, ihre Kundenansprache über Content Marketing ganzheitlich im Unternehmen zu implementieren. Dazu wurden von uns insgesamt 36 Unternehmen anhand eines Fragebogens quantitativ und darauf aufbauender Workshops qualitativ untersucht. Durch dieses Vorgehen konnte eine hohe Informationsdichte und -qualität gewährleistet werden. Bei den untersuchten Unternehmen handelt es sich weniger um große Marken, sondern größtenteils um die „Hidden Champions“ der deutschen Wirtschaft.
Unser Fokus lag vor allem darauf, herauszufinden, was neben den internen nationalen Herausforderungen zu großen Problemen im internationalen Umfeld führt. Dabei zeigte sich, das Content Marketing zwar von allen beteiligten Unternehmen in irgendeiner Art und Weise betrieben wird, bei der strategischen Ausgestaltung jedoch große Lücken vorherrschen. Um langfristige Erfolge in diesem Bereich zu erzielen, müssen viele strategische Fragestellungen zusammengeführt und in bereits bestehende Strukturen implementiert werden.
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THOMAS LUCAS-NÜLLE
Thomas Lucas-Nülle ist geschäftsführender Gesellschafter der Xtentio GmbH und einer der anerkanntesten digitalen Köpfe in der unabhängigen IT-Beratung. Mit über 15 Jahren Erfahrung hat er ein fundiertes Wissen zu mehr als 400 Software-Lösungen im Bereich ISCM und Digitalisierungen.
TIM-OLIVER OTTE
Tim-Oliver Otte studierte Betriebswirtschaft sowie Business Management und behandelte verschiedenste technologische Bereiche im B2B- und B2C-Commerce. Als Consultant bei Xtentio GmbH hat er sich auf das Thema Content Marketing spezialisiert.
Picture credit © Bernhard Lang/Getty Images
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